Haben ältere, langjährige Mieter Sonderrechte?

Haben ältere, langjährige Mieter Sonderrechte?

Weit über die Hälfte aller Menschen in Deutschland haben kein Wohneigentum, sondern wohnen zur Miete. Und oft bleibt das bis ins hohe Alter hinein so. In diesem Fall können Mieter in einem fortgeschrittenen Alter oder mit langjährigen Mietverhältnissen einige Regelungen zu ihren Gunsten nutzen.

Anzeige

Haben ältere, langjährige Mieter Sonderrechte

Muss der Vermieter einem Umbau zur barrierefreien Wohnung zustimmen?

Kommt ein Senior im Alltag alleine noch gut zurecht, hat körperlich aber mit der einen oder anderen altersbedingten Beeinträchtigung zu kämpfen, wird er irgendwann über bauliche Veränderungen in seiner Wohnung nachdenken.

Verschiedene Baumaßnahmen erhöhen die Sicherheit, bieten mehr Komfort und tragen so dazu bei, dass eine selbstständige Lebensführung länger erhalten bleibt. Zu solchen Maßnahmen können zum Beispiel eine Badewanne mit Einstieg, eine ebenerdige Dusche, Haltegriffe an kritischen Stellen oder verbreiterte Türen gehören.

Wer körperlich behindert oder eingeschränkt ist, hat grundsätzlich das Recht, seine Wohnung seniorengerecht, barrierearm oder barrierefrei umbauen zu lassen. Dafür muss der Mieter zwar die Zustimmung des Vermieters einholen.

Sind die körperlichen Einschränkungen schwerwiegend und die Bauarbeiten für die anderen Hausbewohner zumutbar, überwiegt aber das Interesse des Mieters. Aus diesem Grund muss der Vermieter in aller Regel zustimmen. Den Umbau zu verbieten, dürfte nur in Ausnahmefällen zulässig sein.

Allerdings bezieht sich der Anspruch auf eine barrierefreie Umgebung in erster Linie auf die eigene Wohnung.

Betreffen die Umbauten Bereiche, die von allen Mietern gemeinschaftlich genutzt werden, und würden sie die übrigen Hausbewohner beeinträchtigen, kann der Vermieter ablehnen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn das Treppenhaus sehr schmal ist und ein Mieter einen Treppenlift einbauen lassen will. Außerdem hat der Vermieter ein Mitspracherecht, wie der Umbau konkret umgesetzt wird.

Stimmt der Vermieter dem Umbau zu, sollte schriftlich vereinbart werden, wie beim Auszug des Mieters verfahren wird.

Grundsätzlich kann der Vermieter nämlich verlangen, dass die Maßnahmen auf Kosten des Mieters rückgängig gemacht werden. In der Praxis wird der Mieter die Umbauten aber meist übernehmen und die Wohnung dann als barrierefrei weitervermieten.

Haben ältere und langjährige Mieter Sonderrechte?

Für das Gesetz ist nicht relevant, wie alt ein Mieter ist. Weder beim Abschluss eines Mietvertrags noch mit Blick auf einen besonderen Kündigungsschutz haben Senioren spezielle Rechte.

Wie für alle anderen Mieter gilt auch für Mieter in fortgeschrittenem Alter, dass sie im Fall einer Kündigung die gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten müssen.

Handelt es sich nicht um einen unbefristeten, sondern einen befristeten Mietvertrag, ist eine vorzeitige Kündigung eigentlich ausgeschlossen. Wird der Mieter aber zum Beispiel pflegebedürftig und stellt er einen Nachmieter, kann der Vermieter einer vorzeitigen Beendigung der Vertragslaufzeit zustimmen.

Die Kündigung des Mietvertrags kann natürlich auch vom Vermieter ausgehen. Eine fristlose Kündigung setzt voraus, dass der Mieter gegen vertragliche Pflichten verstoßen hat.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Mieter mit den Mietzahlungen im Rückstand ist. Wie alt der Mieter ist, spielt dabei keine Rolle.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Was wird beim Umzug aus dem Strom- und Gasvertrag?

Ansonsten braucht der Vermieter einen gesetzlich zulässigen Grund, wenn er einen unbefristeten Mietvertrag ordentlich kündigen will. Zu diesen Gründen zählen Eigenbedarf und die Hinderung an der wirtschaftlichen Verwertung. Letzteres ist gegeben, wenn das Wohnhaus beispielsweise abgerissen werden soll, um einen Neubau zu errichten.

Bei einer ordentlichen Kündigung muss der Vermieter die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten. Und hier ist ein langjähriger Mieter im Vorteil. Denn je länger das Mietverhältnis besteht, desto länger ist auch die Kündigungsfrist.

So verlängert sich die gesetzliche, dreimonatige Kündigungsfrist auf sechs Monate, wenn das Mietverhältnis seit mehr als fünf Jahren besteht, und auf neun Monate bei einer Mietdauer von über acht Jahren. Hat der Mieter seinen Mietvertrag vor dem Herbst 2001 unterschrieben, ist darin möglicherweise noch eine einjährige Kündigungsfrist vereinbart.

An die gesetzlichen Kündigungsfristen ist der Vermieter gebunden. Sie zu verkürzen, ist nicht zulässig. Hinzu kommt, dass ein betagter oder körperlich beeinträchtigter Mieter der ordentlichen Kündigung des Vermieters wegen ungerechtfertigter Härte widersprechen kann.

Auch wenn der Vermieter wegen zum Beispiel Eigenbedarf ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat, kann ein hohes Alter oder ein schlechter Gesundheitszustand des Mieters ein Härtegrund sein, der einen Umzug unmöglich macht.

Letztlich wird zwar immer im Einzelfall entschieden, ob der Mieter in seiner Wohnung bleiben kann oder ob ihm ein Umzug noch zumutbar ist. Die Rechtsprechung erkennt das Alter und die Gesundheit aber oft als Widerspruchsgrund an.

Kann eine Pflegeperson mit in die Wohnung einziehen?

Viele Senioren möchten nicht in ein Pflegeheim, sondern entscheiden sich für eine Pflege in ihrem vertrauten Wohnumfeld. Allerdings darf der Mieter auch im Pflegefall ohne die Zustimmung des Vermieters nicht jede beliebige Pflegeperson bei sich aufnehmen.

Den Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner, eigene Kinder oder die eigenen Eltern kann der Mieter immer mit in seine Wohnung einziehen lassen. Dafür braucht er keine Einwilligung des Vermieters, ist aber dazu verpflichtet, den Vermieter über den Einzug zu informieren.

Anders sieht es hingegen aus, wenn es sich bei der Pflegeperson nicht um den Partner, Kinder oder Eltern handelt. Stellt der Mieter zum Beispiel eine professionelle Pflegekraft ein, die ihn rund um die Uhr betreut und in der Wohnung untergebracht werden soll, ist die Erlaubnis des Vermieters erforderlich.

Denn aus rechtlicher Sicht liegt damit eine Untervermietung vor. Und bei einer Untervermietung kann der Vermieter auch Nein sagen.

Fazit

Das Mietrecht gesteht älteren oder langjährigen Mietern zwar keine Sonderrechte zu. Trotzdem können ihnen bestimmte Regelungen zugutekommen. Besteht das Mietverhältnis schon seit vielen Jahren, hat eine ordentliche Kündigung sechs, neun oder sogar zwölf Monate Vorlauf.

Diese Zeit kann der Mieter nutzen, um sich nach einer anderen Bleibe umzuschauen oder der Kündigung zu widersprechen.

Nach der Sozialklausel kann ein fortgeschrittenes Alter oder ein schlechter Gesundheitszustand einem Umzug entgegenstehen und ein Grund sein, warum das Interesse des Mieters an der Fortsetzung des Mietvertrags überwiegt. Damit wäre die Kündigung des Vermieters vom Tisch.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Was bedeutet die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs für Kabelgebühren?

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

Anzeige

Thema: Haben ältere, langjährige Mieter Sonderrechte?

-

Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns


wohnungen99

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Robert Kaminski, - Rechtsanwalt Mietrecht, Bernd Schuster, - Geschäftsführer einer Hausverwaltung, Marion Sachmann, - Immobilienmaklerin, Tobias Bechtel, - Bauunternehmer, Christian Gülcan Gründer & Teilhaber Maklerbüros, Eigentümer & Bauherr und Betreiber dieser Webseite, Emine Gülcan, - Immobilienmaklerin, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Ratgeber zum Thema Immobilien, Vermietung, Mietrecht und Wohnungssuche.

Kommentar verfassen